Arzt spricht mit einem Patienten, der im OP-Hemdchen auf einem Bett sitzt

Risikostratifizierte Lipidsenkung:
kardiovaskuläre Hochrisiko­patient:innen im Fokus

Eine gezielte Lipidtherapie kann das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse signifikant reduzieren. Warum eine konsequente und rechtzeitige LDL-C-Senkung besonders für Hochrisikopatient:innen entscheidend ist und sie überproportional von einer nachhaltigen Therapie profitieren können, lesen Sie hier.


Kardiovaskuläre Erkrankungen sind weltweit die häufigste Todesursache, wobei insbesondere Hochrisikopatient:innen mit manifester Atherosklerose oder multiplen Risikofaktoren gefährdet sind. Der zentrale pathophysiologische Treiber dieses Prozesses ist die kumulative LDL-C-Exposition, die eine progressive endotheliale Dysfunktion, inflammatorische Reaktionen und Plaqueprogression induziert.

Die Evidenzlage ist eindeutig: Eine intensive und frühzeitige LDL-C-Senkung reduziert kardiovaskuläre Ereignisse über alle Patientengruppen hinweg1-4 – jedoch mit einer überproportionalen absoluten Risikoreduktion bei Hochrisikopatient:innen. Dennoch bleibt die LDL-C-Zielwerterreichung in der klinischen Praxis oft unzureichend – vor allem unter Monotherapie.

Wie also lässt sich diese Lücke schließen? Welche therapeutischen Strategien ermöglichen eine effektivere Prävention? Und welche Rolle spielen neue Behandlungsoptionen dabei?

LDL-C als zentraler Ansatzpunkt: Die Evidenz ist klar

Zahlreiche Studien belegen, dass eine effektive LDL-C-Senkung das Risiko für kardiovaskuläre Erst- und Folgeereignisse signifikant reduziert.1-4 Eine umfassende Meta-Analyse der Cholesterol Treatment Trialists' (CTT) Collaboration, die über 170.000 Patient:innen aus 27 randomisierten Studien einschloss, zeigte, dass eine LDL-C-Senkung um 1 mmol/l (ca. 40 mg/dl) das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskulären Tod um 20–22 % reduziert.5 Bemerkenswert ist, dass dieser Effekt unabhängig von Alter, Geschlecht oder Ausgangswerten eintritt.

Höheres Risiko, größerer Nutzen der LDL-C-Senkung

Noch deutlicher wird der Nutzen der LDL-C-Senkung bei Hochrisikopatient:innen. Während in der Gruppe mit niedrigem kardiovaskulären Risiko (<5 % 5-Jahres-Risiko) die absolute Risikoreduktion bei etwa 11 verhinderten kardiovaskulären Ereignissen pro 1.000 behandelte Personen über 5 Jahre lag, fiel der Effekt in der Gruppe mit Hochrisikopatient:innen deutlich ausgeprägter aus. Bei Patient:innen mit einem 5-Jahres-Risiko von über 30 % konnten durch eine vergleichbare LDL-C-Senkung 70 bis 100 kardiovaskuläre Ereignisse pro 1000 Personen verhindert werden.5   

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine gepoolte Analyse von neun ODYSSEY-Studien, die ebenfalls zeigte, dass Patient:innen mit sehr hohem kardiovaskulären Risiko (z. B. bedingt durch Diabetes mellitus, chronische Nierenerkrankung oder polyvaskuläre Erkrankung) von einem größeren absoluten Nutzen durch LDL-C-Senkung profitierten als Patient:innen ohne diese Komorbiditäten.6

Therapeutische Optionen zur Lipidsenkung

Der besonders ausgeprägte Nutzen der LDL-C-Senkung bei Patient:innen mit sehr hohem kardiovaskulären Risiko macht deutlich, dass für diese Population eine gezielte und effektive Therapie erforderlich ist. Die aktuellen ESC/EAS-Leitlinien empfehlen für diese Patientengruppe einen LDL-C-Zielwert von < 55 mg/dl (< 1,4 mmol/l) sowie eine mindestens 50 %ige Reduktion des Ausgangs-LDL-C.7 Für Patient:innen mit hohem Risiko liegt der empfohlene Zielwert bei < 70 mg/dl (< 1,8 mmol/l). In der klinischen Praxis zeigt sich, dass eine Monotherapie mit Statinen häufig nicht ausreicht, um die empfohlenen LDL-C-Zielwerte zu erreichen.

Eine Kombinationstherapie von Statinen insbesondere mit einem Cholsterinresorptionshemmer und einem oralen ACL-Hemmer bietet hier eine effektive Möglichkeit, die LDL-C-Senkung gezielt zu verstärken. Hierfür steht eine Fix-Dosis-Kombination zur Verfügung.

ACL-Hemmer reduziert das Risiko für kardiovaskuläre Erst- und Folge­ereignisse

Der Hemmer der ATP-Citrat-Lyase (ACL) greift upstream der HMG-CoA-Reduktase in den Cholesterinstoffwechsel ein und führt zu einer signifikanten LDL-C-Reduktion. Ein Vorteil dieses Wirkmechanismus ist, dass er erst in der Leber in seine aktive Form überführt wird, wodurch muskuläre Nebenwirkungen, wie sie unter Statinen auftreten können, vermieden werden.

Die CLEAR Outcomes-Studie zeigte, dass der getestete ACl-Hemmerdas relative Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (4-Punkte-MACE) signifikant um 13 % senken konnte.8 Die relative Reduktion des Myokardinfarktrisikos betrug sogar 23 %. Eine präspezifizierte Subanalyse der kardiovaskulären Endpunktstudie bezog sowohl Primär- als auch kardiovaskuläre Folgeereignisse über die Studienlaufzeit von 60 Monaten ein: Die Summe aus Erst- und Folgeereignissen der 4-Punkte-MACE (Total Events) wurde durch den Wirkstoff signifikant um 20 % reduziert.9 Das relative Risiko für nicht-tödliche Myokardinfarkte (Erst- und Folgeereignisse) konnte um 31 % gesenkt werden.

Fazit: LDL-C früh und effektiv senken

Die Evidenz verdeutlicht, dass eine LDL-C-Senkung nicht einfach das Risiko einzelner Ereignisse mindert, sondern in die langfristige Dynamik der Atherosklerose eingreift. Insbesondere bei Hochrisikopatient:innen ist nicht nur das absolute LDL-C-Niveau ausschlaggebend, sondern vor allem die kumulative LDL-C-Belastung über die Zeit – jede Verzögerung bedeutet ein Fortschreiten pathophysiologischer Prozesse, welche später kaum mehr einzuholen sind.

Eine frühzeitige Kombinationstherapie ermöglicht es, die LDL-C-Zielwerte sicher und effektiv zu erreichen und langfristige Prognosevorteile zu sichern.


Literatur:

1. Cholesterol Treatment Trialists Collaboration (CTTC). Lancet 2010; 376:1670-81
2. Lincoff AM et al. J Am Coll Cardiol 2024; 84(2):152-62
3. Shaya FT et al. Am J Cardiovasc Drugs 2020; 20:239-48
4. Ference BA et al. Eur Heart J 2018; 39:2540-5
5. Cholesterol Treatment Trialists Collaboration (CTTC). Lancet 2012; 380:581-90
6. Vallejo-Vaz et al. Atherosclerosis 2019; 288:85-93
7. Mach F et al. Eur Heart J 2020; 41(1):111-88
8. Nissen SE et al. N Engl J Med 2023; 388(15):1353-64
9. Nicholls SJ et al. JAMA Cardiol 2024; 9:245-53

Bildnachweis: Halfpoint/iStock-1759291445


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