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Hohes Potential durch LDL-C-Senkung

Nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall gilt es, das Risiko für ein Folgeereignis auf ein Minimum zu senken. Studien weisen darauf hin, dass diesbezügliche Empfehlungen der europäischen Leitlinie zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der klinischen Praxis nur schwer umzusetzen sind. Die aktuellen Leitlinienempfehlungen der ESC/EAS setzen auf eine noch aggressivere Therapie zur LDL-Cholesterin(C)-Senkung.

Behandlungsziel oft nicht erreicht

Eine große retrospektive Kohortenstudie unter 1.500 Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung zeigte, dass die ESC-Empfehlung aus dem Jahr 2011 zur Senkung der LDL-C-Werte anfänglich zu einem Rückgang der LDL-C-Spiegel geführt hatte. Dieser Effekt ließ jedoch im Laufe der Jahre nach und die Mehrzahl der Patienten erreichten ihr Behandlungsziel nicht.1

 

Studienergebnisse:

Veränderung medianer LDL-C-Wert1:

  • Ausgangswert: 98,0 ± 35,7 mg/dl

  • 2009 – 2010: 98,3 ± 33,4 mg/dl

  • 2012 – 2013: 93,9 ± 36,3 mg/dl

  • 2015 – 2016: 101,6 ± 36,6 mg/dl

  • Der Anteil der Patienten, die die empfohlenen LDL-C-Werte erreichten, nahm im Laufe der Zeit ebenfalls ab (93,6 % in 2009 – 2010 auf 83,7 % in 2015 – 2016, p < 0,0001). Während Statine mittlerer Intensität am häufigsten verordnet und eingenommen worden waren (69,4 %), erreichten nur 20,9 % dieser Patienten den von den Leitlinien empfohlenen LDL-C-Zielwert.1

Hinsichtlich des Lipidmanagements besteht in Deutschland u. a. bei den folgenden Aktivitäten Optimierungsbedarf:

  • das konsequente Screening auf LDL-C-Werte: bei 3 von 4 Hypercholesterinämie-Patienten wurde auch nach einem Schlaganfall oder Herzinfarkt keine LDL-C-Messung durchgeführt.2
  • die Einleitung einer lipidsenkenden Therapie bei Patienten mit bereits etablierter kardiovaskulärer Erkrankung3
  • die Optimierung der Behandlung bei Nichterreichen der LDL-C-Zielwerte trotz medikamentöser Intervention3 sowie
  • die Verbesserung der Therapietreue der Patienten4

Das Erreichen der empfohlenen LDL-C-Zielwerte wird in Deutschland auch durch eine geringe Therapiepersistenz erschwert. Viele Patienten brechen eine lipidsenkende Therapie mit Statinen bereits nach drei Monaten ab, nach sechs Monaten ist es sogar rund die Hälfte.2

Klarer Standpunkt der ESC/EAS

Die Leitlinie der ESC (European Society of Cardiology)/EAS (European Atherosclerosis Society) bezieht bezüglich der Auswirkung des Lipidprofils eine klare Stellung: LDL-Cholesterin ist ein entscheidender Risikofaktor für die Entstehung und den Progress kardiovaskulärer Erkrankungen.5

 

  1. Es besteht eine eindeutige Verbindung zwischen LDL-C und dem kardiovaskulären Risiko

  2. Lipidsenkende Therapiemaßnahmen reduzieren das kardiovaskuläre Risiko nachweislich

  3. Der klinische Nutzen ist proportional zur absoluten Reduktion des LDL-C-Spiegels

Aus diesem Grund empfehlen die Autoren der Leitlinie aus 2019 eine aggressivere Lipidtherapie mit noch niedrigeren LDL-C-Zielwerten:5

Tab. 1. LDL-C-Zielwerte für Hypercholesterinämie-Patienten⁵.

Kardiovaskuläre Erkrankungen in Deutschland Todesursache Nr. 1

Laut aktuellen Schätzungen der WHO sind Cholesterinwerte weltweit für 1/3 aller ischämischen Herzerkrankungen verantwortlich. Insgesamt führen die erhöhten Cholesterin-Werte so zu ca. 2,6 Millionen Todesfällen6. Auch in Deutschland stellen kardiovaskuläre Erkrankungen immer noch die Todesursache Nummer 1 dar.7

Nach dem kardiovaskulären Erstereignis steigt zudem die kumulative Inzidenz für Folgeereignisse in den Folgejahren kontinuierlich an.8

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Referenzen:

  1. Dykun I et al. Disconcordance between ESC prevention guidelines and observed lipid profiles in patients with known coronary artery disease. In J Cardiol Heart Vasc 2019;22:73-77.

  2. Michailov et al. 2015 Statintherapie und nicht-tödliche kardiovaskuläre Ereignisse im Versorgungsalltag. Jahrestagung der DGK, Mannheim, 8.-11. April 2015. Poster 81.

  3. März W et al. Utilization of lipid-modifying therapy and low-density lipoprotein cholesterol goal attainment in patients at high and very-high cardiovascular risk: Real-world evidence from Germany. Atherosclerosis 2018;268:99–107.

  4. Kruger K et al. Improving long-term adherence to statin therapy: a qualitative study of GPs’ experiences in primary care. Br J Gen Pract 2018;68:e401–e407.

  5. Mach F et al. 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dylipidaemias: lipid modification to reduce cardiovasuclar risk. Eur Heart J 2020;41:111–188.

  6. World Health Organisation. Global Health Observatory (GHO) data. Raised cholesterol. Online unter: https://www.who.int/gho/ncd/risk_factors/cholesterol_text/en/ (zuletzt aufgerufen am 06.04.2020).

  7. Robert Koch Institut. Gesundheitsberichterstattung des Bundes gemeinsam getragen von RKI und Destatis. Gesundheit in Deutschland. November 2015. Online unter: http://www.gbe-bund.de/pdf/GESBER2015.pdf#search=%22Todesursachenstatistik%22 (zuletzt aufgerufen am 06.04.2020).

  8. Abtan J et al. Residual Ischemic Risk and Its Determinants in Patients With Previous Myocardial Infarction and Without Prior Stroke or TIA: Insights From the REACH Registry. Clin Cardiol 2016;39:670-677.